Mehr als 480.000 Menschen in Deutschland haben nahezu keine Chance am Arbeitsmarkt. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz. Trotz guter Arbeitsmarktlage ist ihre Zahl um 10 Prozent gestiegen, wie der Vergleich mit der Studie des Vorjahres zeigt. In den Familien dieser Menschen leben über 340.000 Kinder unter 15 Jahren – ebenfalls deutlich mehr als noch im Vorjahr.
Aus der Presseerklärung von ProArbeit:
In Anlehnung an die restriktive Bestimmung der Zielgruppe für eine öffentlich geförderte Beschäftigung durch den Gesetzgeber definieren die Wissenschaftler des IBUS Personen als arbeitsmarktfern, wenn sie in den letzten drei Jahren nicht beschäftigt waren und mindestens vier Vermittlungshemmnisse aufweisen. Dazu gehören ein Alter über 50 Jahre, alleinerziehend zu sein, Angehörige zu pflegen, ein Migrationshintergrund, geringe
Deutschkenntnisse, ein fehlender Schul- und/oder Ausbildungsabschluss, schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen und ein durchgängiger Arbeitslosengeld II-Bezug von mindestens 12 Monaten. Diese Merkmale führen vor allem in ihrer Kombination nachgewiesenermaßen dazu, dass Arbeitgeber die Betroffenen schlichtweg nicht mehr einstellen. Prof. Dr. Stefan Sell, Direktor des IBUS und Leiter der Studie mahnt: „Wir sehen hier eine massive Verfestigung und Verhärtung der Langzeitarbeitslosigkeit im Grundsicherungssystem – und das in Jahren, in denen wir mit positiven Rahmenbedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konfrontiert waren. Immer offensichtlicher wird die Tatsache, dass die Politik diese Personengruppe in den vergangenen Jahren schlichtweg vergessen oder bewusst in Kauf genommen hat, dass es zu einer dauerhaften Exklusion dieser Menschen aus dem Erwerbsleben kommt.“
Die vollständige Studie von Tim Obermeier, Stefan Sell und Birte Tiedemann finden Sie hier
Bezogen auf die Pläne der Bundesministerin kann man aus der Studie schließen: es gibt 480.000 Langzeitarbeitslose,
- die so arbeitsmarktfern sind, dass sie für das ESF-Bundesprogramm nicht in Frage kommen (welches im Übrigen mit einer Platzzahl von max. 33.000 gerade mal den Wegfall der Bürgerarbeit kompensiert)
- denen die ankündigte bessere Betreuung in Aktivierungszentren auch nicht weiterhelfen wird, zumal Aktivierungsmaßnahmen nach dem massiven Abbau der Arbeitsgelegenheiten an vielen Orten zur favorisierten Maßnahmeform geworden waren, in denen Langzeitarbeitslose sich einem Profiling unterziehen und (erfolglos) viele Bewerbungen schreiben mussten
- für die Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe geschaffen werden sollen – für 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer!