Arbeitsmarkt-Report Hessen: Spürbarer Anstieg der Arbeitslosen, die Bürgergeld beziehen – gleichzeitig starker Rückgang bei den arbeitsmarktorientierten Förderangeboten

LAG Arbeit fordert deutlich mehr arbeitsmarktorientierte Förderung für Arbeitslose

Arbeitsmarkt-Report Hessen, Ausgabe 1. Quartal 2024 – Ein datengestützter Blick auf die  Entwicklung aktiver arbeitsmarktpolitischer Fördermaßnahmen in Hessen (AH Q1/2024).

Die Autoren Stefan Feldens und Philipp Fuchs vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG)  geben im vorliegenden Bericht zunächst einen Überblick über die allgemeine Entwicklung des Arbeitsmarktes in Hessen (Kapitel 1). Der besondere Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf der Entwicklung aktiver arbeitsmarktpolitischer Fördermaßnahmen in Hessen (Kapitel 2). Der Report schließt mit einer Zusammenfassung der Autoren (Kapitel 3). Der Report wird im Auftrag der LAG Arbeit in Hessen verfasst.

 Hier finden Sie den ausführlichen Report als PDF-Dokument. Im Folgenden fassen wir die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte des Reportes zusammen.

Starker Anstieg bei der Zahl der Arbeitslosen, die Bürgergeld beziehen: + 31 % gegenüber 2019

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Hessen hat sich nach dem pandemiebedingten Rückgang im Jahr 2020 zügig wieder erholt. Im Juni 2023 gingen in Hessen fast 2,74 Mio. Menschen einer sv-pflichtigen Beschäftigung nach. Die Zahl liegt damit nahe am bisherigen Allzeithoch, das im September 2022 erreicht wurde. Zu dieser erfreulichen Arbeitsmarktentwicklung leisten Ausländer*innen einen erheblichen Beitrag. Besonders unter Ausländer*innen (+21,0 %) sowie Menschen aus den acht Asylherkunftsländern (+51,6 %) ist die Zahl der sv-pflichtig Beschäftigten gegenüber Juni 2019 kräftig gestiegen. (AH Q1/2024, S.1)

Trotz dieser erfreulichen Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung waren 2023 jedoch insgesamt 21 % mehr Menschen in Hessen arbeitslos als 2019 – Während Zahl der Arbeitslosen im SGB III nur leicht gestiegen ist (+3,4 %) hat sich die Zahl der Arbeitslosen im SGB II (Bürgergeld) sehr stark erhöht. Gegenüber 2019 nahm die Zahl um +31,0 % (bzw. 29.700 Menschen) zu, im Vergleich zum Vorjahr stieg sie um +12,4 % (bzw. 13.800 Personen). (AH Q1/2024, S.2f)

Deutlich mehr Langzeitarbeitslose

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist in den letzten Jahren stark gestiegen und liegt deutlich über dem Vorkrisenniveau. Gegenüber 2019 hat sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen um +31,2 % (bzw. 14.800 Menschen) erhöht, im Vergleich zu 2022 nahm die Zahl um +4,3 % (bzw. 2.500 Personen) zu. Zum Stand Dezember 2023 war ferner über die Hälfte der Betroffenen länger als 24 Monate arbeitslos (52,1 %). (AH Q1/2024, S.3)

Risikoprofil der Arbeitslosen im SGB II hat sich in qualifikatorischer Hinsicht in den letzten Jahren  verschlechtert

Etwa vier von zehn Betroffenen haben keinen Schulabschluss (43,2 %), mehr als drei Viertel verfügen nicht über eine abgeschlossene (oder anerkannte) Berufsausbildung (76,5 %) (Stand: Dezember 2023). Hinzu kommen vermehrt Sprachdefizite durch die größer werdende Relevanz von Ausländer*innen mit jüngerer Zuwanderungsgeschichte innerhalb des Arbeitslosenbestands. (AH Q1/2024, S.3)

Oben stehende Daten und Tabelle AH Q1/2024, S. 2f

Drastischer Rückgang bei der arbeitsmarktorientierten Förderung im SGB II

Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik dienen der Unterstützung arbeitsloser Menschen, dem Abbau von Vermittlungshemmnissen sowie der (Re-)Integration in Beschäftigung. Der Bestand an Geförderten in Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik hat sich 2022 gegenüber 2019 um -19,4 % verringert. Im SGB-II-Bereich ging der Bestand um -17,4 % zurück, im SGB-III-Rechtskreis lässt sich ein etwas höherer Rückgang in Höhe von -21,2 % beobachten. Auch gegenüber dem Vorjahr 2021 haben sich die Bestände in beiden Rechtskreisen relativ stark verringert (SGB II: -10,0 %; SGB III: -10,7 %).

Oben stehende Daten und Tabelle AH Q1/2024, S. 5f

LAG Arbeit in Hessen fordert deutlich mehr Qualifikationsangebote für Arbeitslose im SGB II

Während die Zahl der Arbeitslosen, die Bürgergeld beziehen, seit 2019 massiv gestiegen ist, werden gleichzeitig immer weniger Arbeitslose in Fördermaßnahmen für den Arbeitsmarkt qualifiziert. Diese Entwicklung erscheint aus Sicht der LAG Arbeit vor dem Hintergrund einer hohen Nachfrage nach Arbeits- und Fachkräften politisch fehlgeleitet.

Die gesunkenen Förderzahlen sind nur z.T. darauf zurück, dass viele ukrainische Geflüchtete, die in den letzten zwei Jahren in Hessen bzw. Deutschland angekommen sind, zunächst Integrations- und Sprachkurse besucht haben, die nicht in der hier betrachteten Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit auftauchen.

Für die nahe Zukunft besteht aus Sicht der LAG dringender sozial- und arbeitsmarktpolitischer Handlungsbedarf

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Ein sehr hoher Anteil der Langzeitarbeitslosen ist schlecht qualifiziert. Es liegt auf der Hand, dass deutlich mehr Menschen für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden sollten, so dass sie bald und nachhaltig einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen können und nicht weiter im Sozialsystem festhängen.

Die LAG Arbeit in Hessen fordert die Bundes- und Landespolitik auf, die Förderung von deutlich mehr Arbeitslosen in Qualifikationsangeboten auf den Weg zu bringen. So können mehr Betroffene ihre Bedürftigkeit beenden und qualifikatorische Mismatches auf dem Arbeitsmarkt abgebaut werden.

Hier finden Sie den ausführlichen Report als PDF-Dokument.